Leitfaden gegen Antisemitismus
Eine Informationsplattform für die Verwaltungen im Land Sachsen-Anhalt
 


Arthur Ruppin

Arthur Ruppin ist am 01. März 1876 in Rawitsch in der Provinz Posen geboren und wuchs in jüdischer Tradition auf. Rund zehn Jahre später, im Jahr 1887, zog die Familie nach Magdeburg. Dort besuchte er bis er 15 Jahre alt war die Schule, bis er sie wegen Armut verlassen musste. Trotz dessen konnte er 1896 das Abitur ablegen als extraneus (Nichtschüler). Er machte eine Ausbildung im Getreidehandel, in dieser Tätigkeit arbeitete er bis 1899. Danach begann er sein Studium der Rechtswissenschaft in Berlin und Halle (Saale). 1902 promovierte er in Nationalökonomie. Im Jahr 1903 bekam er einen wissenschaftlichen Preis für sein Werk „Darwinismus und Socialwissenschaft“. Drei Jahre später wurde er befähigt das Richteramt zu tragen. In ließ jedoch das Interesse an dem Leben von Juden aus sozialökologischer Sicht nicht los. Er war daher fünf Jahre lang (von 1902 bis 1907) Redakteur bei der „Zeitschrift für Demographie und Statistik der Juden“ und übernahm 1904 das Büro für Statistik der Juden in Berlin. Diese Zeit prägte ihn, Ruppin wurde nach und nach zum Zionisten, dabei sah er die Zukunft der Juden in Palästina. Im jahr 1907 wanderte er aus und fing im Palästina-Amt der Jewish Agency in Raffa an. Von 1908 bis 1914 arbeitete Ruppin an der Verbesserung der zionistischen Siedlungstätigkeit im ottoman Palästina. Dabei gründete er die „Jewish Development Company“ und brachte kollektive Siedlungsformen weiter. Vor allem im ersten Weltkrieg wurde er bedeutend, da er für die Existenz der jüdischen Siedler einsetzte. 1920 kehrte Ruppin zurück nach Deutschland in das britische Mandatsgebiet. Bis 1933 konnte Ruppin einiges umsetzen:
  • Erweiterung der jüdischen Selbstverwaltung der dörflichen und städtischen Siedlungskulturen
  • Organisation jüdischen Bodenkaufs
  • Errichtung eines jüdischen Bankwesens
  • Schaffung einer Grundlage für eine jüdische Wirtschaft.

 

Nach 1933 konzentrierte sich seine zentrale Aufgabe auf die Eingliederung von Einwanderern, welche nationalsozialistisch verfolgt wurden. Ruppin ist einer der Gründer von Brit Shalom. Und setzte sich in dem Zusammenhang seit 1925 für einen binationalen jüdisch-arabischen Staat in Palästina ein. Dieser soll grundlegend auf Gleichberechtigung basieren. Sein Lebenswerk ist der Aufbau eines jüdischen Staates Palästinas.
Quelle:

Lorenz, Ina Susanne, "Ruppin, Arthur" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 281-282 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750402.html#ndbcontent


Friedrich Weißler

Friedrich Weißler wurde 1891 in Oberschlesien geboren und war promovierter Jurist. Er arbeitete zur Zeit der Weimarer Republik an unterschiedlichen Gerichten. Im Jahr 1932 war Weißler für kurze Zeit Landgerichtsdirektor in Magdeburg, bevor er aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1933 suspendiert wurde. Darauf folgte die endgültige Entlassung aus dem Justizdienst, weshalb Weißler nur noch als juristischer Berater tätig werden konnte. Kurze Zeit vorher verhängte Weißler ein Ordnungsgeld gegen einen in SA-Uniform erschienenen Angeklagten. Durch seine Arbeit in einer Berliner Kanzlei, die sich gegen die Gleichschaltung von Lehre und Organisation der evangelischen Kirche in Deutschland aussprach, beteiligte sich Friedrich Weißler an einer Denkschrift, die an Adolf Hitler adressiert war. Inhalt dieser Denkschrift war die Kritik am Antisemitismus und die Sorge vor der Entchristianisierung der deutschen Gesellschaft. Als diese Denkschrift an die Öffentlichkeit gelangte, geriet Weißler schnell unter Verdacht, diese an die Presse vermittelt zu haben, was jedoch nicht der Fall war. Dennoch wurde er 1936 verhaftet und aufgrund dessen, dass zu wenige Beweise für einen Prozess vorlagen, in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Friedrich Weißler wurde am 19.02.1937 im Konzentrationslager Sachsenhausen von SS-Wachmännern ermordet und war damit der erste getötete jüdische Richter im Deutschen Reich.

Um Friedrich Weißler zu ehren und ihm zu gedenken, wurde das Magdeburger Landgerichtsgebäude im Jahr 2008 nach ihm benannt.
Quelle:
https://www.wissenschaft.de/rezensionen/buecher/friedrich-weissler-ein-jurist-und-bekennender-christ-im-widerstand-gegen-hitler/
nach dem Buch:
Gailus, Manfred: Friedrich Weißler – Ein Jurist und bekennender Christ im Widerstand gegen Hitler, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, 316 Seiten

 

 

Ludwig Chodziesner
Ludwig Chodziesner wurde am 28.08.1861 als Sohn einer jüdischen Familie in Obersitzko/Obrzycko (Posen) geboren. Er übte den Beruf eines Rechtsanwalts aus, welcher ihm während des nationalsozialistischen Regimes zunehmend erschwert und zum Ende hin durch Entziehung der Zulassung 1936 untersagt wurde. In dieser Zeit musste er auch weitere Demütigungen hinnehmen, wie dem Zwangsverkauf seines Anwesens im Finkenkrug, Berlin. Seine Ehefrau verstarb bereits 1930 und drei seiner vier Töchter verließen Deutschland aufgrund der politischen Entwicklungen. Eine Tochter, mit Künstlernamen Gertrud Kolmar, eine der bedeutendsten deutschspra-chigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts, pflegte ihn im hohen Alter. Am 9. Septem-ber 1942 wurde Ludwig Chodziesner nach Theresienstadt deportiert. Wenige Monate später, am 13.02.1943, starb er. Der Totenschein nannte als Todesursache verharmlosend „Darmkatarrh“ und „Herzmuskelenttartung“. Seine Tochter musste in dieser Zeit Zwangsarbeit leisten und schrieb nebenbei Briefe an ihre Schwestern, in der sie ihre Erlebnisse und Eindrücke aus dieser Zeit schilderte. Sie wurde am 27.03.1943 verhaftet und am 02.03.1943 nach Auschwitz deportiert. Einige Jahre später wurde ihr Todesdatum auf diesen Tag datiert. Ernst Wolff stieß 1945 auf einige Bücher, die er zunächst in seinem Privatbesitz behielt und nach seinem Tod an seinen Adoptivsohn Manfred Wolff vermachte. Dieser übergab die Bücher vor einigen Jahren im Rahmen eines Aufarbeitungsprojektes der Moses Mendelssohn Akademie, die nach den rechtmäßigen Eigentümern suchte. Im Februar 2024 wurden in Berlin einige Bücher aus dem ehemaligen Besitz der Familie Chodziesner von Manfred Wolff an den Urgroßenkel Paul Chodziesner, der aus Australien mit seiner Familie anreise, übergeben. Somit hat die Familie Chodziesner einen Teil ihrer Geschichte wieder.

 

Quelle:

https://www.stolpersteine-berlin.de/de/munchener-str/18/ludwig-chodziesner

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/von-nazis-geraubt-in-berlin-gerettet-die-buecher-der-juedischen-familie-chodziesner-li.2187137


Rabbi Akiba ben Josef

 

Einer der bedeutendsten Rabbinen in der tannaitischen Zeit war Rabbi Akiba ben Josef. Viele halachische (religionsgesetzliche) Aussagen wurden von ihm getätigt, welche unter anderem in der Mischna und anderen Schriftstücken dieser Epoche zu finden sind. R. Akiba wird eine eigene Theorie der Schriftauslegung nachgesagt. Sie ist gekennzeichnet durch eine mehrfache Verwendung von exegetischen Auslegungsregeln, Wortanalogie, Ein- und Ausschluss und der Auslegung von Konsonanten der hebräischen Bibel. Seine Auslegung wurde neben der vom R. Jischmael in den Schulen gelehrt. Der Überlieferung nach beginnt R. Akiba im Alter von 40 Jahren als Unwissender ein Gesetzesstudium. Im Nachgang wurde er Lehrer von tausenden Schülern. Eine andere Überlieferung erzählt von Akibas Fähigkeit, aus jedem Häkchen der Thora (dem Ornament der hebräischen Quadratschrift) eine Vielzahl von Gesetzen abzuleiten.
Quelle:

 

Deutsche Bibel Gesellschaft, Akiba, Rabbi, online abrufbar unter: https://www.bibelwissenschaft.de/ressourcen/wibilex/altes-testament/akiba-rabbi


 

Rabbi Shimon Bar Yochai

 

Rabbi Shimon Bar Yochai, auch bekannt als Rashbi, war einer der größten Gelehrten seiner Zeit und gilt als der Begründer der jüdischen Mystik. Zudem war er Schüler von Rabbi Akiva.

 

Zu seiner Geschichte:

 

Die Geschichte von Rabbi Shimon Bar Yochai ist faszinierend: Nachdem Rabbi Akiva von den Römern zu Tode gefoltert wurde, geriet Rabbi Shimon Bar Yochai in Konflikt mit den römischen Besatzern. Ein geheimes Gespräch über die Römer führte dazu, dass er zum Tode verurteilt wurde. Um sich zu retten, floh er mit seinem Sohn und versteckte sich in einer Höhle. Dort geschah ein Wunder: Eine Wasserquelle entsprang in der Höhle, und ein Johannisbrotbaum wuchs schnell heran, um ihren Hunger und Durst zu stillen. Ganze 12 Jahre verbrachten sie in dieser Höhle, vertieft ins Tora-Studium. Es wird angenommen, dass Rabbi Shimon Bar Yochai während dieser Zeit das Zohar verfasste, das Hauptwerk der Kabbala.

 

 

 

Ungewöhnlicherweise bat er darum, dass man sich an seinem Todestag freuen solle, obwohl im Judentum normalerweise der Todestag eines Gerechten nicht gefeiert wird.

Quelle:
Jüdische Rundschau, Rabbi Schimon Bar Yochai und die Kabbala - Der Einblick in den „Maschinenraum“ der Schöpfung, 2021.

 


Theodor Herzl

Theodor Herzl wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns und seiner jüdischen Ehefrau 1860 in Budapest geboren. Er besuchte zunächst eine jüdische Grundschule und ging später auf die städtische Realschule und das evangelische Gymnasium. Bereits als Kind interessierte Herzl sich für Schreiben und Technologie und mit 14 Jahren gründete er einen Schreibclub.

Ein schwerer Schicksalsschlag war der Tod seiner älteren Schwester im Jahr 1878. Danach zog die Familie Herzl nach Wien. Obwohl er eigentlich Schriftsteller werden wollte, begann Herzl im Jahr 1878 ein Jurastudium. Während des Studiums schloss er sich der Studentenbewegung Albia an, die er jedoch wegen antisemitischer Ausrichtung nach zwei Jahren wieder verlassen hat.

Er schloss im Jahr 1884 sein Jura Studium mit einer Promotion ab, jedoch war die berufliche Perspektive für ihn als Jude sehr schwierig. Deshalb konzentrierte er sich auf das Schreiben. Er schrieb eine Serie und bekam später die Möglichkeit, für eine der bedeutendsten europäischen Tageszeitungen zu schreiben. Außerdem schrieb Herzl mehrere Theaterstücke, die jedoch wenig Erfolg hatten.

Im Jahr 1889 heiratete er seine Frau Julia Naschauer. Aus der Ehe gingen drei gemeinsame Kinder hervor: Pauline, Hans und Trude.

1891 erhielt Herzl den Posten des Pariser Korrespondenten der „Neue Freie Presse“ und hatte somit zum ersten Mal Berührungspunkte mit der Politik. Herzl war dadurch nicht nur selbst mit Antisemitismus konfrontiert, sondern musste auch beobachten wie die liberale Ordnung in Österreich eine bedrohliche Entwicklung machte. Er beschäftigte sich viel mit der „Judenfrage“ und hatte die Annahme, dass man diese nicht allein mit Vernunft oder rationalen Argumenten lösen könne. Er betrachtete den Antisemitismus jedoch noch als soziales Problem. Dies behandelte er auch in seinem Drama „Das neue Ghetto“, welches 1894 fertiggestellt wurde.

Im Juni 1895 beendete er seine programmatische Schrift „Der Judenstaat“. Seinen Entwurf las er verschiedenen Freunden und berühmten jüdischen Persönlichkeiten vor, das stieß jedoch größtenteils auf Ablehnung. Nach Überarbeitung erschien sein Werk „Der Judenstaat“ am 14. Februar 1886 und behandelte den Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Das Buch wurde in 18 Sprachen übersetzt und erschien in über 80 Ausgaben. Herzl war der Meinung, dass die einzige Lösung der Judenfrage die Gründung eines selbstständigen jüdischen Staates sei. Er entwarf dafür Pläne für Aufbau, Masseneinwanderung, Finanzierung und Gemeinwesen des Staates. Als mögliches Territorium schlug er Palästina oder Argentinien vor. Durch Herzl Werk bekam die Idee des „Judenstaates“ internationale Anerkennung.

Herzl begann seine zahllosen Reisen durch Europa, 1896 reiste er zum ersten Mal nach Konstantinopel. Im Juni 1897 gründete er mit seinem Privatvermögen die Wochenzeitung „Die Welt“. Im Jahr 1897 hat Herzl außerdem den ersten Zionistenkongress einberufen, welcher am 29. August im Stadtcasino von Basel stattfand. Der Kongress hat das „Baseler Programm“ beschlossen, welches „für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina“ forderte.

Im Jahr 1903 eskalierte das die Situation der russischen Juden und das Pogrom von Kishinew sorgte bei den Juden in ganz Europa für einen Schock. Herzl legte dem Kongress den britischen Uganda-Plan vor, welcher eine vorübergehende Lösung als Zufluchtsstätte für russische Juden sein sollte. Der Uganda-Plan wurde jedoch ein Jahr nach Herzls Tod abgelehnt.

Herzl war weiterhin diplomatisch sehr bemüht. Er reiste Anfang im Januar 1904 nach Italien, wo er den König und den Papst Italiens traf und um Unterstützung seiner Pläne gebeten hat. Aus gesundheitlichen Gründen zog Herzl sich jedoch im Mai 1904 nach Franzensbad zurück.

Herzl hatte bereits seit längerem Herzprobleme und musste deshalb immer wieder Kuraufenthalte durchführen. Am 3. Juli 1904 starb Herzl an den Folgen einer Lungenentzündung, da sein Herz geschwächt war. Er wurde am Friedhof Döbling bei Wien beigesetzt. Im Jahr 1949 wurden seine Gebeine nach Jerusalem überführt und dort an dem sogenannten „Herzl Berg“ bestattet. 

Quellen: 

https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/israel/44953/theodor-herzl/ https://www.dhm.de/lemo/biografie/theodor-herzl